Mein Name ist Saad

Am Freitag, den 03.09.2021 um 12:00 Uhr Mittag, begann in Moabit das alljährliche Berlin-Kolleg Fest. Das Fest ist eine Art Tag der offenen Tür für Kollegiaten:innen, angehende Kollegiat:innen, Sozialarbeiter:innen und Berliner:innen , welche sich einen besseren Überblick über das Berlin-Kolleg verschaffen wollen. An diesem Tag war ich ebenfalls anwesend und traf auf Saad.

Saad und ich kamen schnell ins Gespräch, und behandelten ein für ihn und für mich sehr wichtiges Thema: Heimat. Das Kolleg-Fest ist eine lebendige Veranstaltung mit vielen spektakulären Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen, die ihr eigene Art von Leben ausleben. Dies hat Saad ebenfalls in unserem Vorgespräch bemerkt, und bot mir einen Platz neben ihm auf der Bank an, als würde er sich mental darauf einstellen, von mir befragt zu werden. Als ich mich hingesetzt habe, stellte ich ihm auch direkt die erste und letzte Frage unseres Gespräches: Was ist für dich Heimat?

Saad blickte in die tanzende Menge und erzählte mir, dass er seit über zwei Jahrzehnten in Deutschland lebt und selbst als Flüchtling hierherkam. Fremd in diesem Land lernte er die Sprache, absolvierte hier seine Schulbildung und fand neue Freunde. Dinge, die für andere Leute das einfachste der Welt waren, erzählte er, waren für ihn eine Herausforderung. Er fühlte sich, obwohl er hier aufgewachsen ist, fremd. Er spricht die Amtssprache, kennt die Kultur und die Normen der Gesellschaft und dennoch weiß er, dass es nicht seine Heimat ist und er nicht von allen Mitbürgern akzeptiert bzw. gleich behandelt wird.

Abschließend erzählt Saad, dass das Land, von dem er geflohen ist, ebenfalls nicht seine Heimat ist. Er gab an, dass er keinen Bezug zu diesem „fremden Land“ habe, abgesehen von der Sprache, die er selbst brüchig spricht. Daher wusste er, ohne in den letzten 20 Jahren in diesem Land gewesen zu sein, dass er dort ebenfalls fremd wäre und es nicht seine Heimat ist. Saad drehte sich zu mir um und fügte hinzu, dass auch wenn er keine Heimat besitzt, er eine Art Gemeinschaftsgefühl in kleinen Gegenden seiner Stadt erlebt. Dieses Gefühl, so sagt er, ist etwas, was dir die Mitmenschen geben, ohne im Gegenzug dafür etwas zu wollen. Dieses Gefühl lässt ihn „ein Stück Heimat fühlen, ohne jemals das Gefühl der Heimat gekannt zu haben“. Mit diesen letzten Worten von Saad beendete ich das Interview und verbrachte die restliche Zeit am Kolleg-Fest mit ihm.

Insgesamt lässt sich über die Frage „Was ist für dich Heimat?“ sagen, dass Heimat nicht ein Land ist, in oder aus dem eine Person herkommt. Zielführend ist daher eher anzunehmen, dass das Gefühl, welches eine Person über die Gemeinschaft bzw. den Mitmenschen erhält, das Heimatgefühl wiedergibt und den Ort „Heimat“ einem nahebringt.