Ein Text von BK-Journalist Marin.
Im Zuge der Fusion mit dem Kolleg Schöneberg müssen hunderte Bücher aus dem System der Berlin-Kolleg-Bibliothek entfernt und in großen Containern entsorgt werden. Eine mühsame, zeitaufwendige Arbeit, die vielen begeisterten LeserInnen das Herz bricht, aber besonders Bibliothekar Herrn Blumenstein schwer auf den Schultern lastet. Wie die KollegiatInnen Abhilfe schaffen und Bücher retten können, erfahrt ihr hier.
Bücher verkommen zu Abfall
Läuft man derzeit über den sonnigen Hof zum Unterricht, kann man gelegentlich sehen, wie dutzende Bücher aus dem offenen Fenster der Bibliothek fliegen und donnernd in einem Entsorgungscontainer landen. Wenn nicht gerade Mathematik- oder Geografie-Folianten hineinregnen, werfen Neugierige bereits verstohlene Blicke in die Container und sehen eine enorme Auswahl an Sachbüchern und Romanen, Biologie-Bände des letzten Jahrzehnts, Formelsammlungen, Enzyklopädien; von Physik für die Oberstufe bis zur Legende des Sisyphos. Ein Anblick, der so manchen Lesedurst anheizt. Wandert die Nase jedoch tiefer, so bahnt sich ein modriger Geruch von den tiefer liegenden, vom Regenwasser getränkten Schichten den Weg nach oben.
Warum, fragen sich hier viele KollegiatInnen, werden so viele gute Bücher einfach weggeworfen?
Wie bereits in unserem Aufklärungs-Bericht über die Fusion erwähnt, bleibt mangelnder Platz ein großes Problem beim Umzug, der schon knapp vor den Ferien beginnen soll. Die Bibliothek des Kolleg Schöneberg ist um einiges kleiner als die ergiebige Bücherstätte des Gebäudes in der Turmstraße. Daher kann nur eine entsprechende Auswahl des ehemaligen Bücherkapitals bei der Fusion mit übernommen werden. Zudem muss Raum geschaffen werden für das 13. Gymnasium, welches nach dem Umzug in dem alten BK-Gebäude unterkommen wird. Bis jetzt haben die Jahrgänge 7-10 kaum bis gar keine Bücher für den Unterricht und die massive und zum Großteil veraltete Auswahl des Berlin-Kollegs kann an dieser Stelle nur zum Teil hilfreich sein. Dennoch gibt es bereits eine Sammlung an Büchern, die vom Gymnasium künftig übernommen werden können. Es werden also nicht alle überschüssigen Exemplare entsorgt. Manche werden auch für Interessent*innen am Kolleg bereitgehalten und natürlich kommt eine Kollektion mit nach Schöneberg. Die Entscheidung, welches Buch mitgenommen, entsorgt oder weitergegeben wird, haben die Fachleiter*innen in langen Abwägungen getroffen und entsprechend farbig markiert.


Die farbigen Punkte bestimmen, wohin das Buch kommt. Rot: Wird entsorgt; Blau: An das Gymnasium; Grün: Kommt nach Schöneberg; Gelb: Für InteressentInnen unter den KollegiatInnen
Bei den Bänden, die für die Entsorgung rot markiert sind, handelt es sich speziell um Masse-Exemplare, die unter anderem noch aus den frühen Tagen des BK stammen. Diese wurden bereits von vielen weiteren Generationen an anschaulicheren oder didaktisch besser aufgebauten Versionen ersetzt und lagern seitdem in der Bibliothek. Tafelwerke und Formelsammlungen zum Beispiel wandeln sich über die Jahre je nach Unterrichtsinhalt und für den Fall einer Klausur muss für jeden Schüler ein Exemplar verfügbar sein, hinzu gibt es ebenso welche zum Ausleihen. Allein dabei kommen schon um die 300 Stück zusammen, die im Sinne des Unterrichts einfach nicht mehr gebraucht werden können. Gleichwohl reicherten sich Bücher an, die bestimmte Lehrkräfte aus eigener Entscheidung heraus zum Bestandteil des Unterrichts machten. Pädagogische Freiheit nennt man die Möglichkeit für Lehrkräfte, in Teilen ihres Unterrichts einen Roman, ein Theaterstück etc., das sie für relevant erachten, einzubauen und im Rahmen eines zur Verfügung gestellten Budgets anzuschaffen. Geht ein Lehrer, der solche Anschaffungen vollzogen hat, in Rente oder wechselt die Schule, bleiben die Bücher im Kolleg und werden teils nie mehr genutzt.
Anstrengende Kleinstarbeit
Es ist eine reine Frage der Masse: Jedes einzelne Exemplar muss für die Fusion kategorisiert, markiert und gegebenenfalls aus dem System entfernt werden. Aus dem gänzlich anderen Leihgabe-System des Kolleg Schöneberg müssen dazu die aktuellen Bestände zu denen des Berlin-Kollegs eingepflegt werden.

„Eine mühsame Arbeit“, nennt es Herr Blumenstein, leitender Bibliothekar des Kollegs und Hauptperson, die diese große Aufgabe zu stemmen hat. Bei der letzten kleinen Räumung der Bibliothek haben noch Tagelöhner zu viert oder zu fünft geholfen, im System jedem Buch eine Signatur zuzuweisen. Jetzt gibt es nur einen Rechner und nur eine Person, die das Leihsystem bedienen kann: der Bibliothekar selbst. Zudem übersteigt die Menge an Büchern das Dreifache der letzten Räumung. Es herrscht Zeitdruck. Der Umzug steht bevor; die Bücher müssen weg.
Doch könnten die Bücher nicht anderorts noch von Wert sein, womöglich in einem Antiquariat?
Sehr wohl gibt es einige andere Möglichkeiten, als all das Papier schlicht zu recyclen. Die Schwierigkeit hierbei ist nur der Transport. Keine mögliche Anlaufstelle ist bereit, dazu diese Anhäufung an Büchern abzuholen, geschweige denn die vielen Kartons über den für Lastwagen schwer zugänglichen Innenhof zu bewegen. Auch zu den geplanten Umzugstagen, Montag und Dienstag vor der Zeugnisvergabe, sagt Herr Blumenstein: „Ich weiß gar nicht, ob die das schaffen können“. Solch große Mengen an Büchern und naturwissenschaftlichen Präparaten in zwei Tagen nach Schöneberg zu schaffen und auszupacken, hält er für eine Herausforderung. Er ist dem Umzug gegenüber aber allgemein optimistisch gestimmt.
Welche Bücher können noch gerettet werden?
Seitdem schon die ersten KollegiatInnen kleine Schätze aus den Containern geborgen haben und ein allgemeines Interesse an den Büchern sich gemacht hat, liegen meist vor dem Gemeinschaftsraum von Zeit zu Zeit ausgewählte Exemplare zum Verschenken aus. Die Container zu öffnen, falls nicht abgeschlossen, und in den wüsten Bücherbergen zu wühlen, ist ebenfalls erlaubt. Aus versicherungstechnischen Gründen bittet Herr Blumenstein jedoch, nicht in die Container zu steigen. Ansonsten wird jede Hilfe bei der Abnahme der Bücher begrüßt. Je mehr Folianten eine neue Heimat finden, umso weniger müssen beseitigt werden. Die Lehrkräfte der einzelnen Fachbereiche bieten außerdem in den kommenden Tagen kleine fachgebundene Besichtigungen der Bibliothek an. KollegiatInnen sollen hier die Wahl haben unter den entsprechend gekennzeichneten Büchern sich Exemplare auszusuchen und mitzunehmen.
Wer Herrn Blumenstein, zumindest etwas Muskelkraft ersparen möchte, kann dabei helfen, die alten Bände auszusortieren und in die Container zu werfen. Auch bei dieser Gelegenheit lassen sich Bücher für Zuhause auswählen. Ob nun genug Interesse an fachspezifischem Wissen oder Belletristik besteht, hängt an den jeweiligen KollegiatInnen.
Wichtig für alle ist jedoch die Bücherrückgabe.
Entgegen der Hoffnungen einiger KollegiatInnen sind viele der aktuell ausgeliehenen Bücher auf der grünen Liste derer, die mit nach Schöneberg kommen. Herr Blumenstein bittet darum, dass sich die KollegiatInnen über IServ unter dem Modul Bibliothek informieren, welche Bücher sie ausgeliehen haben und ob diese noch in Schöneberg oder im Gymnasium gebraucht werden. Sollten ausgeliehene Exemplare auf der Entsorgungsliste stehen, dürfen sie behalten werden. Dennoch müssen sie erst von Herrn Blumenstein aus dem System entfernt werden! Das bedeutet: Jedes geliehene Buch, sei es auch für die Entsorgung, muss zuerst zu Herrn Blumenstein. Das erspart unserem Bibliothekar viel Arbeit und Mühe.
Die Lese-Enthusiasten können also aufatmen. Viele Bücher in den Containern, sind vom Wetter bereits gezeichnet, aber Bedarf gibt es genügend. Und jedes Abfall-Exemplar kann gerettet werden. Es braucht nur tatkräftige Hände. Abschließend ist also nur noch zu sagen: Viel Spaß beim Stöbern und Schmökern!